Oft vergessen: Bitter macht gesund

Bitterstoffe galten einst  als wichtige Bestandteile der Ernährung. Sie aktivieren im Verdauungstrakt die Magensäure-  und Gallensaftproduktion. Diese Geschmacksrichtung ist aus unserer heutigen Ernährung leider weitgehend verschwunden. Inzwischen lernen wir Menschen Bitteres mehr zu schätzen. Das ist gut so, denn Bitterstoffe, wie sie in verschiedenen Pflanzen vorkommen, wirken  positiv auf unsere Gesundheit.

Bitter gehört neben süß, salzig, scharf und würzig zu den Grundgeschmacksarten. Auf unserer Zunge befinden sich 25 verschiedene Rezeptoren für bitter, für süß sind zwei bekannt. Bitterstoffrezeptoren befinden sich interessanterweise nicht nur auf der Zunge und in der Mundschleimhaut, sondern auch im inneren Verdauungstrakt und sogar auf der Haut.

Menschen sprechen unterschiedlich sensibel auf Bitterstoffe an. Was für den einen kaum bitter schmeckt, empfindet ein anderer schon als  „eklig“ und zum Ausspucken. Die natürliche Abneigung gegen bitteren Geschmack  ist ein sinnvoller Schutzreflex. Genauer gesagt, eine Warnung vor möglichem, oft bitter schmeckenden Giftstoffen in Nahrungsmitteln. Wenn Quark und andere tierische Lebensmittel oder Wildpilze bitter schmecken, spricht der Geschmack für einen bakteriellen Verderb bzw. für Ungenießbarkeit.

Pflanzliche Bitterstoffe fördern die Verdauung

Die “guten“ Bitterstoffe umfassen eine große chemische Vielfalt. Wir finden sie in Pflanzen und auch als Mineralsalze in Heilwässern. Die verdauungsfördernde Wirkung der pflanzlichen Bitterstoffe beginnt schon im Mund. Es wird Speichel gebildet, die Passage durch den Magen-Darm-Trakt wird ebenfalls durch reflektorisch gebildete Verdauungssäfte unterstützt. Dazu zählen Magensäure, Gallenflüssigkeit und Pankreassaft. Die von der Leber produzierte und in der Gallenblase gespeicherte Gallenflüssigkeit, dient dem Aufschluss der Nahrungsfette – daher übrigens auch die Redewendung „ bitter wie Galle“ oder „bittere Galle spucken“. Unterstützung bekommt das Verdauungssystem noch durch das Hormon Gastrin. Es fördert die Magen – und Darmbewegung, was Beschwerden wie Verstopfung, Völlegefühl und Blähungen vorbeugt.

Spannend ist auch, dass freilebende Tiere bei Krankheiten bestimmte Pflanzen bevorzugt fressen. Eigentlich besitzen wir Menschen auch einen solchen Instinkt. Durch die moderne Ernährung und Lebensgewohnheiten haben wir dies leider verlernt. Mit Blick auf die Bitterstoffe gilt, diese Wahrnehmung wieder zu trainieren, indem wir mehr bitterstoffhaltige Lebensmittel  essen. Bei vielen Nahrungspflanzen wurden die ursprünglich enthaltenden Bitterstoffe herausgezüchtet. Klassische Bittersalate wie Endivien, Radicchio oder Chicorée weisen noch deutliche Bitternoten auf.

Bitterstoffdrogen sind fester Bestandteil der Naturheilkunde

Von Hippokrates über Hildegard von Bingen bis zu Sebastian Kneipp oder Maria Treben reicht die Liste der Heilkundigen, die Pflanzen mit Bitterstoffen oder Auszüge daraus bei Verdauungsproblemen und zur Vorbeugung empfahlen. Es gibt heute Apotheken und naturheilkundliche Firmen, die eine breite Auswahl an natürlichen Bitterelixieren, Säfte und Tees anbieten.  Sie verarbeiten meist noch andere Pflanzen. Ein Beispiel ist der gelbe Enzian, der eine starke Bitterstoffpflanze ist. Die praktischen fertigen Produkte werden oft noch durch entzündungshemmende oder krampflösende  ätherische Öle und  Bitterstoffpflanzen wie Schafgarbe, Wermut- oder Tausendgüldenkraut ergänzt.

Bitterstoffe sorgen für mehr Bekömmlichkeit und ein willkommener Nebeneffekt ist der abnehmende Appetit auf Süß.